BAD URACH
20. SEPTEMBER 2018
Es kommt manchmal vor, dass ein Zufall dazu führt, dass man einen wunderschönen Ort entdeckt. So war es bei bei mir mit dem Städtchen Monreal in der Eifel und der Kriminalkomödie Der Bulle und das Landei mit Uwe Ochsenknecht in der Hauptrolle, während mich die Vorabendkrimiserie Fuchs und Gans _(Heiter bis tödlich) auf das malerische Bad Urach aufmerksam gemacht hat.
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FUCHS UND GANS. | |
Emily Gans (Mira Bartuschek) und Urban Fuchs (Peter Bongartz) machen Verbrechern im idyllischen Bad Urach das Leben schwer. Wenn eine vorwitzige Großstadtjournalistin sich plötzlich auf der zugigen Schwäbischen Alb wiederfindet und gezwungen ist, ihr Haus mit einem frühpensionierten kauzigen Kriminalhauptkommissar zu teilen, ist das nicht die ideale Voraussetzung für ein harmonisches Miteinander. |
Das baden-württembergische Fachwerkstädtchen Bad Urach liegt idyllisch im von bewaldeten Felsen gesäumten Tal der Erms am Fuße der Schwäbischen Alb. Die Stadt ist staatlich anerkannter Luftkurort und Heilbad. Bekannt ist sie auch wegen des Uracher Wasserfalls und des alle zwei Jahre stattfindenden Schäferlaufs, Bad Urach ist mit seiner gesamten Gemarkung Teil des Biosphärengebiets Schwäbische Alb.
Während der alemannischen Zeit im Frühmittelalter war Urach eine wichtige Burg. Burg Hohenurach wurde um 1025 gebaut, und im Mittelalter wurde Urach zu einem wichtigen Machtzentrum. 1694 wurden Teile der Burg durch einen Blitzschlag in den Pulverturm des großen Zwingers zerstört. Die Burg verlor an militärischen Wert und fand bald nur noch als Gefängnis Verwendung. 1761 gab man die Festung schließlich auf.
Die Ruinen der Burg Hohenurach
1265 wurde Urach an Graf Ulrich von Württemberg verkauft. Etwa 100 Jahre später, zur Zeit, als Württemberg geteilt war, wurde Urach Landeshaupt- und Residenzstadt der südlichen Landeshälfte und erlebte seine Glanzzeit. Urach wurde die „heimliche Hauptstadt“ genannt und war von 1442 bis 1482 Residenzsitz des Grafen der Uracher Linie.
Die Dächer von Bad Urach
Graf Eberhard im Bart (1445-1496) kam in Urach auf die Welt. Er war ab 1459 als Eberhard V. Graf von Württemberg-Urach und ab 1482 auch von Württemberg-Stuttgart sowie seit 1495 als Eberhard I. der erste Herzog von Württemberg und Teck.
Graf Eberhard im Barte machte Urach zur Landeshauptstadt von Südwürttemberg und prägte in erheblichem Maße die Geschichte und das Erscheinungsbild der Stadt. So beauftragte er 1470-1475 seinen Baumeister Peter von Koblenz, die spätgotische Stiftskirche St. Amandus zu bauen. Die Fertigstellung der Kirche erfolgte erst um 1500, nach dem Tod des "Grafen im Barte". Peter von Koblenz erlebte sie selbst knapp auch nicht mehr, wurde aber 1501 dort begraben. Im selben Jahr vollendete sein Nachfolger Marx Welling die Kirche mit der westlichsten Seitenkapelle des Südschiffs. Die Amanduskirche in Bad Urach ist eine der bedeutendsten spätgotischen Kirchen mit Netz-und Sterngewölbe in Schwaben.
Die spätgotische Stiftskirche St. Amandus
Nach Einführung der Reformation wurde Urach bald Sitz eines württembergischen Dekanats. 1896 bis 1901 wurde der Turm der Kirche erhöht. An der Nordseite der Amanduskirche befindet sich der Mönchshof, ursprünglich Chorherrenstift. In der Kirche St. Amandus finden sich bedeutende Ausstattungsstücke des sog. „Uracher Meisterkreises“, wie der aus purem Eichenholz geschnitzte spätgotische Betstuhl und der Taufstein, ein weiteres Meisterwerk der schwäbischen Spätgotik.
Mittelschiff der St-Amandus-Kirche
St-Amandus-Kanzel
Chorgestühl (Detail)
Die Deutsche Fachwerkstraße führt mitten durch Bad Urach. Die 1990 ins Leben gerufene Deutsche Fachwerkstraße erstreckt sich von der Elbmündung im Norden bis zum Bodensee im Süden. Sie führt zu Städten und Gemeinden mit bemerkenswerten Fachwerkbauten. Sie berührt die Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Hessen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg. Die gesamte Streckenlänge beträgt knapp 3000 Kilometer.
Beginenhaus
Als Beginen wurden ab dem 13. Jahrhundert die Angehörigen einer Gemeinschaft christlich andächtiger Frauen ohne Klostergelübde bezeichnet. Sie waren eine laienreligiöse Gemeinschaft, die keinem Orden angehörte und kein Klosterleben führte. Sie lehnten starre kirchliche Regeln ab und suchten ein persönliches Verhältnis zu Gott. Es war eine neue Form des religiösen Zusammenlebens. Zu ihren Grundregeln gehörten u.a. das Leben in Bescheidenheit, das Gelöbnis der Keuschheit und die Bestimmung, sich durch die Arbeit der eigenen Hände ernähren zu können. Jede Gruppe bestimmte selbst die Regeln des Zusammenlebens, ein eigenes Privatleben war durchaus möglich. Zu Beginn der Frühen Neuzeit wurden diese Glaubensgemeinschaften, sofern sie noch bestanden, kirchlich integriert oder schlossen sich der Reformation an.
Rund um den historischen Marktplatz gruppieren sich schmucke Fachwerkhäuser. Das würdevolle Rathaus aus dem 15. Jahrhundert übertrifft alle anderen Fachwerkhäuser an Größe und ist das Schmuckstück des Platzes.
Das Rathaus
Der Marktbrunnen auf dem "Kleinen Markt" gilt als eine Meisterleistung spätgotischer Bildhauerkunst. Graf Eberhard V. von Württemberg schenkte diesen Brunnen seiner Heimatstadt nach seiner Ernennung zum Herzog im Jahr 1495. Wie schon im Mittelalter bezieht der Brunnen sein Wasser heute noch aus der Eckisquelle. Unter den figürlichen Darstellungen ist der Heilige Christophorus nicht zu übersehen, aber auch der einst mit dem Bau beauftragte gräfliche Oberwerkmeister Peter von Koblenz hat sich mit einem Selbstbildnis verewigt.
Marktbrunnen
Fachwerkhäuser auf dem Marktplatz
Historische Ladenschilder sind faszinierende Artefakte, die viel über die Geschichte von Handel und Handwerk in verschiedenen Epochen und Kulturen verraten. Da Bad Urach im Mittelalter eine bedeutende Handelsstadt war, gab es zahlreiche Zunftzeichen auf Ladenschildern: Symbole wie Hämmer und Ambosse für Schmiede, Scheren für Schneider oder Waagen für Kaufleute sowie Wappen und Bilder von Bierkrügen, Weinfässern oder Gasthausnamen.
Schild „Altes Oberamt“
Das Wappen der Stadt: In Gold (Gelb) ein rotes Hifthorn mit blauer Fessel, das Mundstück mit je einer roten, silbernen (weißen) und blauen Feder besteckt.
Wappen von Bad Urach
Bad Urach hat eine weit ins 19. Jahrhundert hineinreichende Tradition als Urlaubsort und Ausflugsziel und führt die Prädikate Luftkurort und Heilbad. Die erfolgreiche Bohrung nach Mineralthermalwasser und dessen Erschließung führte 1983 zur Anerkennung als Heilbad, was einen Boom in der touristischen Erschließung auslöste.
Bad Urach aus der Luft
Bad Urach besticht zwar durch seine noch überall sichtbare Geschichte, man darf aber nicht außer Acht lassen, dass die Wälder, Schluchten und Berge der Umgebung (Biosphärenreservat Schwäbische Alb) aus der Stadt auch einen idealen Urlaubsort machen. Wanderwege mit einer Länge von insgesamt 210 Kilometern führen zu beeindruckenden Aussichtspunkten.
Die fünf Premiumwanderwege der Grafensteige führen Sie zu den Naturschönheiten: Wasserfallsteig, Hohenurachsteig, Hochbergsteig, Hohenwittlingensteig und Seeburgsteig heißen die fünf Grafensteige und jeder der Rundwanderwege trägt bereits einen der Höhepunkte im Namen. Allen gemeinsam ist der sportliche Anspruch, denn einmal geht es auf jeden Fall auf die Albhochfläche hinauf.
Seit 1723 feiert Bad Urach alle zwei Jahre - und zwar in den Jahren mit den ungeraden Zahlen - den Uracher Schäferlauf, der auf eine Anordnung des Herzogs Eberhard Ludwig zurückgeht. Dieser hatte den Schäfern auf der Alb die zur damaligen Zeit lange Reise zum Markgröninger Schäfertag ersparen wollen. Durch den herzoglichen Erlass wurde die Errichtung einer »Neben- und Viertellade« der Schäferzunft hervorgerufen mit der Erlaubnis, einen Schäferlauf abzuhalten.
Schäferlauf in Bad Urach
Die UNESCO-Kommission nahm den Schäferlauf 2018 ins bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes auf.